Wein ist zweifelsohne ein besonderes Getränk, das auch entsprechend beschrieben und verkaufsfördernd beworben werden soll. Nur muss man deswegen Wein so besonders beschreiben, dass man beim besten Willen nicht erahnt oder weiß, was uns beim Genuss erwartet? Um direkt zu beruhigen: Säureadern sind kein neuer Weinskandal!
Säureadern vs. Tanninvenen?
Im aktuellen Prospekt von Netto Marken-Discount stolperte ich über Weinbeschreibungen, die bei mir Fragezeichen erscheinen ließen. So wird bei drei von acht beworbenen Weinen unter anderem von Säureadern und anderen „lustigen“ Umschreibungen berichtet:
- Der erste Rotwein punktet mit fein verwobenen, milden Säureadern, der zudem ein ganz hübsches Aroma von Früchten und Anflüge von dunkler Schokolade haben soll. Dazu hält er eine zugängliche und seidige Ansprache auf der Zunge
- Der zweite Rotwein mit feinen Säureadern, die angenehme Frische im Aroma ergeben, ist ansonsten ganz diskret und unaufdringlich durch oder trotz seiner Holzreife
- Der Weißwein im Bunde, hat ganz feine Säureadern sowie einen ganz feinen Anflug von Vanille und macht ausgewogen dicht. Ups - er hat eine ausgewogene Dichte, muss es korrekt heißen.
Ist das die richtige Zielgruppenansprache (Käufer von Supermarktweinen), wenn selbst von mir befragte Weinkenner und Weinprofis Schwierigkeiten haben, diese Art der Weinbeschreibung zweifelsfrei zuordnen zu können? Ich glaube jedenfalls kaum, dass eine derartige Wein-Poesie neugierig auf den Wein macht, sondern eher abschreckend wirkt. Zumal viele uninformierte Weinfreunde dem Begriff Säure eh skeptisch gegenüber stehen.
Sag mal Netto, wenn bei den beworbenen Weinen Säureadern und Anflüge zu erwarten sind, muss ich mich dann auch Abflüge und Tanninvenen beim Genuss dieser Weine einstellen?
Um mir selbst ein Bild von den ominösen Säureadern machen zu können, habe ich die drei Weine gekauft und werde diese in den kommenden Tagen verkosten und bewerten. Dabei hoffe ich inständig, dass mir die Säureadern nicht die typischen sichtbaren Äderchen unter die Haut der Nase anfliegen lassen, die gemeinhin als Indiz für Alkoholismus gelten.
P.S. Tanninvenen sind eine reine Wortschöpfung von mir, allerdings würde es mich wenig wundern, wenn ich dieses "Unwort" schon bald in der einen oder anderen Weinbeschreibung entkorkt wird ...