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Weinkenner mit Supermarktweinen?

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Weinkenner in Eigenregie zu werden, kann ein langer und entmutigender Weg sein. So kann und wird es Dir immer wieder passieren, dass selbst ernannte Wein-Experten und Pseudo-Kenner Dir vorgeben wollen, welche Weine Du wann, wie, wo und überhaupt zu trinken hast, um Weinkenner zu werden. Aber lasse Dich nicht entmutigen, sondern gehe Deinen eigenen Weg, schließlich ist Geschmack bekanntlich subjektiv. 

In 9 Schritten zum Weinkenner  




Dabei musst Du Dich nicht sklavisch an die aufgezeigten Schritte halten. Die Schritte sind zudem nicht nur erdacht sondern basieren auf typischen Entwicklungsschritten, die viele Weinfreunde vor Dir durchlaufen haben. Sie weisen Dir einen verlässlichen Weg, um Sicherheit im Umgang mit Wein zu erlangen - und vor allem Spaß am Wein zu haben. Weinkenner wird man nicht in wenigen Tagen oder Wochen. Abhängig von Deinem Engagement ist es jedoch möglich, innerhalb eines Jahres zum Weinkenner zu werden. Apropos Weinkenner: meines Erachtens ist es ein sehr strapazierter Begriff, der oftmals sehr unterschiedlich betrachtet und bewertet wird. Weinkenner ist kein offizieller Titel - und Du wirst niemals ausgelernt haben, dafür ist Wein viel zu vielschichtig und einem ständigen Fortschritt unterworfen. 

Aber hey, gerade dieser Fortschritt macht es so spannend, reiz- und genussvoll, Weinkenner zu werden, oder nicht? Die 9 Flaschen zum (selbst erlernten) Weinkenner werden Dir helfen, einfacher und mit der Zeit immer schneller Dein Wissen auszubauen und zu vertiefen. Wer sich selbst gut motivieren kann, hat es naturgemäß einfacher - andererseits kann ich mir keine bessere Motivation vorstellen, als Wein permanent probieren und studieren zu können.

1.Trainiere Deine Wein-Sinne

Wein wirklich kennen zu lernen erfordert viel Training. So müssen insbesondere Nase und Gaumen fortwährend trainiert werden, um die scheinbar unendliche Aromenvielfalt von Wein unterscheiden, zuordnen und beschreiben zu können. Jeder Weinkenner hat einmal "klein" angefangen - damit meine ich nicht die Entwicklung von der Samenzelle bis zum alten Sack - sondern, dass sich alle dem Thema Wein ganz unprätentiös genähert haben: Flasche gekauft, geöffnet, in ein Glas geschenkt (zumindest gehe ich mal davon aus) und dann in die Kehle laufen lassen. Dabei war es wahrscheinlich vollkommen irrelevant woher der Wein kam, aus welcher Rebsorte er stammte und so weiter. Hauptsache war: er hat geschmeckt. So weit - so gut. Um Weinkenner zu werden, solltest Du jedoch schon ein wenig mehr an Urteilsfähigkeit entwickeln, außer bloß sagen zu können: der Wein ist lecker. Bevor Du das nächste Mal den Wein wieder direkt dem Gaumen zuführst, solltest Du erst einmal in Ruhe am Glas riechen. Erinnern Dich die Aromen an Dir bekannte Gerüche? Riecht der Wein nach Obst, Blumen oder Gewürzen? Kannst Du diese Aromen auch erschmecken? Auch wenn wir nur wenige Geschmacksrichtungen (süß, sauer, salzig, bitter, Umami etc.) wahrnehmen können, so ist es uns dennoch möglich die gerochen Aromen auch im Mund wahrzunehmen. Schließlich sind Mund und Nase miteinander verbunden, so dass wir den Wein im Mund wiederum mit der Nase genießen können. Lasse Dich nicht entmutigen, wenn Dir am Anfang der Duft zwar bekannt vorkommt, Du ihn aber nicht zuordnen kannst. Als Hilfe kannst Du auf das Etikett schauen. Teilweise sind die Aromen hier aufgeführt, so dass Du diese mit Deinen eigenen Eindrücken vergleichen kannst. Und? Klappt es nun besser? Manchen Menschen fällt es schwer, die im Wein gefundenen Aromen klar zuzuordnen. Warum holst Du Dir nicht einfach Unterstützung? So wie vier Augen bekanntlich mehr als zwei sehen, so riechen auch zwei Nasen mehr als eine Nase. Was Du selbst nicht riechst oder schmeckst, entdeckt ein anderer eher und umgekehrt. Hilfreich ist es auch, Deinen Mund mit dem Wein „auszuspülen“, so als würdest Du Mundwasser im Rachenraum verteilen. Du wirst Dich wundern, wie viel mehr Du plötzlich entdecken kannst. Wenn Du erst einmal erlebt hast, dass Wein nicht nur nach Wein riecht sondern auch noch andere Aromen aufweist, solltest Du versuchen mehr aus dem Wein zu "lesen". Du riechst Obst? Welches Obst ist es - Kirsche, Apfel, Zitrone, Himbeere? Kaufe demnächst verstärkt rebsortenreine Weine (die Rebsorte ist auf dem Etikett angegeben - z.B. Riesling, Merlot, Spätburgunder, Syrah etc.) und versuche einmal die typischen Aromen einer jeden Rebsorte herauszuarbeiten. Dazu ist es unumgänglich, mehrere und vor allem verschiedene Weine einer Rebsorte zu kaufen und zu probieren.

2. Erlebe Deinen ersten "A-Ha"-Wein

(Achtung! Es folgt ein echter Schenkelklopfer:) Bevor hier Missverständnisse aufkommen: Du sollst nicht Ausschau nach einem Wein von der mittlerweile aufgelösten, norwegischen Popband "a-ha" halten. Das wäre eh ein hoffnungsloses Unterfangen, da die Band noch keinen eigenen Wein auf den Markt gebracht hat.  Wenn Du - wie zuvor empfohlen - nun einige unterschiedliche, rebsortenreine Weine gekauft, probiert und miteinander verglichen hast, wirst auch Du sicher eines Tages einen Wein probieren, der ein echtes A-HA Erlebnis bei Dir auslöst, weil er Dir so gut schmeckt, dass Du immer davon möchtest. Nun, wie sage ich es Dir möglichst schonend? Du bist ab jetzt mit dem Wein-Virus infiziert.

3. Suche Dir neue Favoriten

Tu mir bitte einen Gefallen, und überlege Dir nach dem Lesen der Ãœberschrift nicht, ob Du Dich nun von Deinem Partner trennen musst. Hier geht es um ganz andere Favoriten! Du kaufst immer den gleichen Wein, vielleicht sogar immer den gleichen "A-HA"-Wein? Schön - aber wer an diesem Punkt stehen bleibt, wird sicher niemals ein echter Weinkenner. Viele Weinfreunde verzweifeln manchmal schon auf dieser Etappe des Weges. Denn es ist schwierig, sich von seinem favorisierten Weingeschmack zu lösen und neuen Weinen eine Chance zu geben. Dennoch empfehle ich Dir: begib Dich auf die Suche nach einem oder mehreren neuen Favoriten - und ich finde diesen Schritt echt klasse. Bedeutet es doch: mehr Weine probieren zu können und zu dürfen. Worauf wartest Du noch? Auf zum Weinhändler Deines Vertrauens.

 

4. Lies Weinbücher und/oder Weinblogs

Nahezu jeder weiß, dass es sinnvoll ist, eine Grundlage vor dem Trinken zu schaffen. Das gilt auch im übertragenen Sinne. Um Dein Weinwissen weiter auszubauen, ist es unumgänglich, Deine bisherigen flüssigen Erfahrungen mit Theorie zu "unterfüttern". Ich empfehle Dir, durchstöbere die Buchhandlungen nach Weinbüchern, die Dir besonders gut gefallen. Das Angebot ist recht vielfältig und bietet so manchen Lesespaß. Aber leider gibt es auch immer wieder, günstig auf den Markt geworfene Bücher, die nicht wirklich lehrreich sind. Wichtig ist, dass das Buch vielfältige und fundierte Informationen zu allen Belangen des Weins enthält: Rebsorten, An- und Ausbaumethoden, Anbaugebiete, weinrechtliche Aspekte etc. Empfehlenswerte Bücher sind beispielweise:
Eine tolle Ergänzung sind auch Weinseminare oder Weinblogs (siehe Linkliste), wo Du bei einem Glas Wein (besser bei mehreren Gläsern) Deine Fragen stellen und Dein Wissen vertiefen kannst.

 

5. Wage Dich an Schwergewichte

Als Schwergewichte bezeichne ich die großen Namen der Weinwelt. Auf Deinem Weg zum Weinkenner wirst Du den einen oder anderen berühmten Wein probiert haben müssen, um zu wissen, worüber Du sprichst, wenn Du über Wein sprichst. Da manche dieser Weine exorbitant teuer sowie selten sind, und nicht jeder angehende Weinkenner über das nötige "Kleingeld" verfügt, bieten sich Weingruppen an, die es vielerorts zu finden gibt. Dabei haben sich Weinfreunde zusammen getan, die gemeinsam Weine kaufen und probieren. So verteilen sie den Kaufpreis auf mehrere Schultern und jeder kann in den Genuss der Schwergewichte der Weinszene kommen. Kleiner Wermutstropfen: je größer diese Weindegustiergruppe, desto kleiner der jeweilige Schluck im Glas.

 

6. Komplex ist Trumpf

Um einmal die Sprache des Boxsports zu bemühen: So mancher Schwergewichtler hat derart viel Wumms in seinen Fäusten, dass nur wenige nach einem Niederschlag wieder aufstehen. Ähnlich ist es beim Wein: die großen Gewächse haben allesamt das Potential so manchen Weinfreund derart "umzuhauen", dass sie sich davon nie wieder erholen. Alle zuvor getrunkenen Weine erscheinen als minderwertig und man möchte immer wieder mehr von diesem edlen Stoff. Aber wie im Boxsport gibt es auch in der Weinwelt andere "Gewichtsklassen" mit tollen, kompletten Boxern bzw. Weinen. Sie sind ebenso komplex, elegant und vielschichtig wie die großen, gewichtigen Namen der Szene. Einzig allein: sie sind nicht gleichsam bekannt oder berühmt. Für einen Weinfreund, der auf dem Weg zum Weinkenner ist, gilt es nun, diese "Gewichtsklassen" zu erforschen und  nach den Weinen Ausschau zu halten, die derart komplex sind, dass sie mindestens zwei unterschiedliche Fruchtaromen sowie drei andere Aromengruppen (Gewürze, Blumen, Kräuter etc.) aufweisen, und sich in der Nase und Mund unterscheiden. Keine Angst, es ist gar nicht so schwer solche Weine zu finden. Befrage dazu Deinen Weinhändler des Vertrauens oder Mitglieder einer Weindegustiergruppe. Sie werden Dir sicher passende Weine empfehlen können.

 

7. Öffne Dich für filigrane Weine

Interessanterweise sehnen sich viele Weinfreunde auf ihrem Weg zum Weinkenner oftmals von selbst nach filigranen, leichteren Weinen. Wer immer schwere Buttercremetorten gegessen hat, oder von einem Festmahl zum nächsten Arbeitsessen eilen musste, sehnt sich z. B. nach einem  leichten Salat und weiß, wie gut ein solcher schmecken kann. Viele Weinbeginner wissen diese filigranen Weine oftmals wenig zu schätzen. Das liegt unter anderem daran, dass Ihre "Wein-Sinne" nicht so gut geschult sind, um die feinen Aromen wirklich zu entdecken, unterscheiden und würdigen zu können. Auch manchem fortgeschrittenen Weinfreund fällt es schwer, seine Sinne für diese Weine zu sensibilisieren. Da hilft erneut nur eins: probieren, probieren, probieren.

 

8. Entdecke Altbewährtes neu

An diesem Punkt des Weges angelangt, schaut so mancher Weinfreund zurück und entdeckt seine alten Vorlieben wieder, sei es für Sekt oder süßen Wein. Während er zu Beginn seines Weges schlechte von guten Weinen kaum unterscheiden konnte, ist er nun in der Lage zu differenzieren und sich zum Beispiel für edelsüße statt plump-süße Weine oder für Champagner statt einfachstem Perl- oder Schaumwein zu begeistern. Seine Wein-Sinne und sein Weinwissen sind jedenfalls derart gut geschult, dass er auch unter den einfachen, preiswerten Weinen die guten von den schlechten unterscheiden kann.

 

9. Weinkenner 

Tusch! Du bist angehender Weinkenner. Wie - nur angehend? Nun, an diesem Punkt angelangt, hast Du wie viele Weinfreunde vor Dir, die typischen Schritte auf dem Weg zum Weinkenner durchlaufen. Du hast nicht nur Deine Sensorik geschult und verfeinert sondern kennst unterschiedliche Weinstile, Anbaugebiete, Rebsorten, weißt im Restaurant den passenden Wein zu den Speisen zu wählen und vieles mehr. Aber wie in jeder guten Ausbildung liegt die Betonung nicht auf der ersten Silbe „AUS“. Der wahre Weinkenner weiß vielmehr, dass er sich stetig weiterbilden muss, da die Weinwelt unendlich viel zu entdecken bereithält. Aber hey, ich wette mit Dir, einmal Lunte gerochen, willst Du sowieso immer mehr und immer weiter. PS. Es stehen Dir natürlich auch noch andere (offizielle) Wege zum Weinkenner offen, z. B. über die Weinakademie Berlin, Kermess, ViniversitätMundus Vini oder Die Deutsche Wein- und Sommelierschule.
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