Im ersten Teil meiner kleinen Fortsetzungsreihe konntest Du Dir einen optischen Eindruck über die Brillanz und Farbtiefe des Weins verschafft. Nun gilt es, den wichtigsten körpereigenen Sensor einzusetzen: Deine Nase.
Dem Auge folgt die Nase
Nur die Nase ist in der Lage, weit mehr als 10.000 Weinaromen zu erkennen und zu unterscheiden. Ein einmal erlerntes Geruchserlebnis wird von der Nase quasi wie Radfahren gespeichert - es wird nie wieder verlernt bzw. vergessen. Allerdings wissen viele Menschen oft nicht mehr den Geruch richtig zuzuordnen. Der gelegentliche Weintrinker unterscheidet sich vom Weingenießer dadurch, dass er den Wein direkt trinkt. Dabei verpasst er den schönsten Moment beim Genießen des Weins. Es ist ungemein spannend zu erschnuppern, wie die Aromen des Weins die Nase umschmeicheln können. Außer der Wein ist fehlerhaft oder überaltert, dann kann er unangenehm stinken. Alkohol konserviert nicht alles.
Solltest Du zunächst nichts riechen oder die Aromen unterscheiden können, ist dieses nicht schlimm. Es braucht Zeit, die Nase zu schulen. Vielleicht duftet der Wein tatsächlich sehr verhalten. Wenn Du Dir nicht sicher bist, darfst Du gerne die Nase tief ins Glas halten und so versuchen, den Wein einzuatmen. Es kommt einzig darauf an, die für Dich beste Methode zum Riechen der Aromen zu finden.
Nachdem Du die ersten flüchtigen Düfte mit Deiner Nase aufgefangen hast, geht es ans Schwenken des Glases. Durch das Schwenken/Aufrühren des Glases vergrößert sich die Oberfläche des Weins und beschleunigt die Freisetzung weiterer Duftmoleküle, die sich wie in einem Kamin konzentrieren (aufsteigender Hohlraum des Weinglases). Zudem erhöht der zugeführte Sauerstoff die Aromenentwicklung.
Es werden weitere Aromen freigesetzt, die beim ersten Schnuppern nicht wahrnehmbar waren. Duftet der Wein rein und klar, oder stören Dich Fremdgerüche? Wenn Wein z. B. muffig wie alte Pappe riecht, könnte es sich um den klassischen Fehlton Kork handeln. Riecht der Wein gar nussig wie ein alter Sherry? Das ist im Regelfall ein Zeichen für einen überalterten oder oxidierten Wein. Oder stinkt der Wein gar zum Himmel? Dazu bedarf es keines Kommentars, oder?